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Kurzsichtigkeit nimmt mit höherer Bildung und längerer Schulzeit zu

Bildung und Verhalten haben einen größeren Einfluss auf die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit (Myopie) als genetische Faktoren: Mit jedem absolvierten Schuljahr, wird ein Mensch kurzsichtiger. Damit nicht genug: Je höher der Schulabschluss, umso stärker ist die Fehlsichtigkeit.  Zu diesem Ergebnis sind Wissenschaftler der Augenklinik der Universitätsmedizin Mainzim Rahmen der ersten populationsbasierten Studie zu dieser Erkrankung gelangt.

Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer und PD Dr. Alireza Mirshahi haben Wissenschaftler der Augenklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz eindeutige Belege dafür gefunden, dass ein höherer Bildungsgrad und eine höhere Anzahl an Schuljahren zwei Faktoren sind, die mit einem häufigeren Auftreten und einem erhöhtem Schweregrad von Kurzsichtigkeit einhergehen. Die Forschungsergebnisse, die im Rahmen der populationsbasierten Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universitätsmedizin Mainz (GHS) gewonnen wurden, liefern den Nachweis, dass diese Faktoren eine größere Wirkung auf die Sehkraft und die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit haben als genetische Faktoren. Die American Academy of Ophthalmology hat in ihrer jüngsten Ausgabe von „Ophthalmology“ den Artikel der Mainzer Forscher veröffentlicht.

Kurzsichtigkeit ist seit langem weit verbreitet, doch in den letzten Jahren hat ihre Häufigkeit weltweit stark zugenommen – mit allen belastenden Folgen für Gesundheit und Wirtschaft. Starke Kurzsichtigkeit ist eine Hauptursache von Sehbehinderung und eng verbunden mit einem erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen wie Netzhautablösung, Makuladegeneration, vorzeitigem Grauen Star und Glaukom.

Industrialisierte asiatische Länder berichten von einer starken Zunahme von Kurzsichtigen von bis zu 80 Prozent. Der schnelle Anstieg lässt vermuten, dass Faktoren der Freizeit- und Lebensgestaltung eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehören sogenannte „Naharbeiten“ wie beispielsweise Lesen, Computerarbeit und höhere Bildung.

Um den Zusammenhang zwischen der Entwicklung einer Kurzsichtigkeit und Bildung weiter zu analysieren, haben die Forscher der Universitätsmedizin Mainz 4.658 Personen im Alter von 35 bis 74 Jahren untersucht, die weder einen Grauen Star hatten, noch an den Augen operiert oder gelasert waren. Ihre im Rahmen der Gutenberg-Gesundheitsstudie gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass Myopie umso häufiger auftritt, je höher der Bildungsgrad ist:

  • Nur 24 Prozent der Kurzsichtigen hatten keine Ausbildung oder höhere Schulbildung
  • Von den Probanden mit Abitur oder Berufsabschluss waren schon 35 Prozent kurzsichtig
  • Dagegen wiesen nicht weniger als 53 Prozent der Hochschulschulabsolventen eine Kurzsichtigkeit auf

Zusätzlich zum erreichtem Bildungsniveau haben die Mainzer Wissenschaftler einen weiteren Einflussfaktor ausfindig gemacht: Die Anzahl der Schuljahre. Mit jedem zusätzlichen Schuljahr steigt die Wahrscheinlichkeit kurzsichtig zu werden. Darüber hinaus untersuchten die Forscher um PD Dr. Mirshahi die Auswirkungen von 45 genetischen Faktoren. Es stellte sich heraus, dass diese im Vergleich zum Bildungsgrad einen weitaus geringeren Einfluss auf den Schweregrad einer Kurzsichtigkeit haben.

Wie kann der Bildungshungrige nun diesem Zusammenhang entgegenwirken? Ganz einfach: Sich öfter draußen aufhalten. Studien der letzten Jahre von Kindern und jungen Erwachsenen in Dänemark und Asien haben gezeigt, dass ein Mehr an im Freien verbrachter Zeit sowie eine höhere Dosis an Tageslicht die Kurzsichtigkeit verringert.

„Da Schüler und Studenten einem höheren Risiko ausgesetzt sind an Myopie zu erkranken, ist eine sinnvolle Präventionsmaßnahme, sie anzuhalten mehr Zeit im Freien zu verbringen“, so der Erstautor der Studie PD Dr. Mirshahi.

 

Weitere Informationen: Mirshahi A. et al. Myopia and Level of Education: Results from the Gutenberg Health Study; Manuscript no. 2013-797. article in press

 

Kurzsichtigkeit – ein Phänomen der Zivilisation Sie stellen in Deutschland die Mehrheit: Die Menschen, die auf eine Brille oder Kontaktlinsen angewiesen sind, um klar zu sehen. Kurzsichtig ist ein Auge, dessen Augapfel im Verhältnis zur Brechkraft von Hornhaut und Linse „zu lang“ ist. Als Folge werden weit entfernte Objekte unscharf auf der Netzhaut abgebildet. Der Augapfel wächst bis ins Erwachsenenalter, so dass eine Myopie auch noch im dritten Lebensjahrzehnt zunehmen kann. Nachgewiesen ist, dass sowohl genetische Veranlagungen als auch Umweltreize bei der Entwicklung der Kurzsichtigkeit eine Rolle spielen. Insbesondere Naharbeit – also beispielsweise Lesen – regt den Augapfel zum Wachstum an. Es bleibt abzuwarten, ob der Trend zum kontinuierlichen Blick auf die Bildschirme von Computern und Smartphones die Myopisierung der Gesellschaft noch verstärken wird.

„Heilen“ lässt sich die Kurzsichtigkeit nicht – sie lässt sich nur mit Sehhilfen oder mit den Methoden der refraktiven Chirurgie korrigieren. Wenn bei einem Kind eine Fehlsichtigkeit erstmals auffällt, ist die Brille unverzichtbar. Durch den konsequenten Ausgleich des Sehfehlers wird der Anreiz gemildert, den die Naharbeit für das Augenwachstum darstellt. Versuche, das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit mit Medikamenten, mit speziellen Brillengläsern oder Kontaktlinsen zu bremsen, waren bisher wenig erfolgreich. Eine ganz einfache Maßnahme scheint aber hilfreich: der Aufenthalt im Freien. (Nicht nur) für die Augen eines Kindes ist der Aufenthalt bei Tageslicht unter freiem Himmel gesund. Mindestens 15 Stunden pro Woche sind ratsam, zugleich sollten die Augen weniger als 30 Stunden pro Woche mit Naharbeit – Lesen, Fernsehen und die Beschäftigung mit Computern und Smartphones inbegriffen – beschäftigt werden.

 

Kontakt Prof. Dr. Norbert Pfeiffer und PD Dr. Alireza Mirshahi, Augenklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz,Telefon 06131  17-7085   , Fax 06131  17-6620, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Pressekontakt Barbara Reinke, Stabsstelle Kommunikation und Presse Universitätsmedizin MainzTelefon 06131  17-7428, Fax 06131  17-3496, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz  Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de

 

Über die Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universitätsmedizin Mainz Die Gutenberg Gesundheitsstudie (GHS) ist eine interdisziplinäre, populationsbasierte, prospektive, monozentrische Kohorten-Studie, die seit 2007 an der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt wird. Im Rahmen der Studie werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Augenerkrankungen, metabolische Erkrankungen sowie Erkrankungen des Immunsystems und der Psyche untersucht. Ziel der Studie ist es, die Risikovorhersage für den Einzelnen für diese Erkrankungen zu verbessern. Hierzu werden Lebensstil, psychosoziale Faktoren, Umwelt, laborchemische Parameter sowie das Ausmaß der subklinischen Erkrankung berücksichtigt. Eine umfangreiche Biomaterialbank ermöglicht molekularbiologische Untersuchungen, unter anderem auch in einem systembiologischen Ansatz. Im Rahmen der Basisuntersuchung wurden 15.010 Teilnehmer im Alter von 35 bis 74 Jahren zu einem fünfstündigen Untersuchungsprogramm in das Studienzentrum eingeladen. Nach 2,5 Jahren wird ein Computer-assistiertes Telefoninterview (CATI) mit einem standardisierten Interview sowie einer Erhebung von auftretenden Erkrankungen und Beschwerden durchgeführt. Alle Endpunkte werden einer eingehenden Validierung unterzogen. In April 2012 hat eine erneute ausführliche Nachfolge-Untersuchung der Teilnehmer 5 Jahre nach Einschluss in die Studie im Studienzentrum ähnlich der Eingangsuntersuchung begonnen. Weitere Untersuchungen zur Nachverfolgung der Kohorte sind geplant. Weitere Informationen im Internet unter www.gutenberg-gesundheitsstudie.de

Authors: Universitätsmedizin Mainz

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